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Warum gerate ich immer wieder an Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil?

Was wirklich hinter dieser wiederkehrenden Dynamik steckt und wie du den Kreislauf durchbrichst


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Du lernst jemanden kennen. Es fühlt sich aufregend an, intensiv, vertraut, fast magisch. Doch schon bald ziehen sich die ersten Schatten über diese Verbindung: Die Person wirkt plötzlich distanziert, unnahbar oder verliert das Interesse. Und wieder findest du dich in einer Situation, in der du wartest, dich anpasst oder fragst, was du falsch gemacht hast. Kommt dir das bekannt vor?


Wenn du immer wieder an Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil gerätst, ist das kein Zufall. Es ist ein Muster und jedes Muster hat eine tiefere Ursache.


In diesem Artikel erfährst du:

• Warum dich vermeidende Bindungstypen besonders stark anziehen

• Welche Rolle deine eigene Bindungserfahrung spielt

• Wie du erkennst, ob du Teil eines unbewussten Kreislaufs bist

• Wie du diesen endlich durchbrechen kannst



1. Vermeider wirken oft anziehend auf Menschen mit ängstlicher Bindung


Vermeidende Bindungstypen senden unterschwellig eine klare Botschaft: „Ich bin nicht wirklich verfügbar.“ Genau das aktiviert bei vielen Menschen mit einem ängstlichen Bindungsmuster das Gefühl von Herausforderung und ein tiefes Bedürfnis nach Verbindung.

Du spürst vielleicht: „Wenn ich es schaffe, dass diese Person bleibt, dann bin ich wirklich liebenswert.“ Es geht dann nicht nur um den Menschen, sondern um die Erfüllung eines inneren Bedürfnisses endlich gesehen, anerkannt und emotional gehalten zu werden.



2. Deine Prägung bestimmt, was sich „vertraut“ anfühlt


Was sich für dich nach „Liebe“ oder „Nähe“ anfühlt, hat viel mit deinen frühesten Erfahrungen zu tun. Wenn du z. B. Eltern hattest, die emotional unbeständig oder nicht verlässlich waren, dann kennst du genau dieses Wechselspiel von Nähe, Rückzug, Unsicherheit und Hoffnung.


Vermeidung kann dann paradoxerweise vertraut wirken und das, nicht weil sie gut ist, sondern weil du sie kennst. Unser Nervensystem sehnt sich nach dem, was es kennt, nicht zwingend nach dem, was gesund ist.



3. Der Reiz liegt oft im Unerreichbaren


Ein ständiger Zyklus aus Hoffnung, Rückzug, kleinen Momenten von Nähe und wieder Distanz erzeugt ein hohes Maß an emotionaler Spannung. Das nennt sich intermittierende Verstärkung, ein psychologischer Mechanismus, der auch beim Glücksspiel wirkt. Du weißt nie, wann die nächste „Belohnung“ (hier: Nähe) kommt, also bleibst du dran und verlierst dich dabei oft selbst.


Vermeidende Menschen senden manchmal gerade so viel Aufmerksamkeit, dass du Hoffnung schöpfst, aber nie genug, um echte Sicherheit zu erleben. Das hält dich gebunden und erschöpft dich.


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4. Du hoffst unbewusst, das alte Narrativ umzuschreiben


Viele geraten unbewusst in Beziehungen mit vermeidenden Partnern, weil sie hoffen, diesmal werde alles anders. Wenn du als Kind erlebt hast, dass deine emotionalen Bedürfnisse nicht erfüllt wurden, kann der Wunsch entstehen, dieses alte Muster zu überwinden, indem du einen vermeidenden Menschen „heilst“, „knackst“ oder „überzeugst“, bei dir zu bleiben.


Doch du wirst dieses alte Kapitel nicht heilen, indem du es wiederholst. Du kannst es nur heilen, indem du aussteigst und bewusst einen neuen Weg gehst.



5. Du ignorierst deine eigenen Bedürfnisse


Wenn du emotional abhängig bist oder Angst hast, verlassen zu werden, beginnst du oft, deine eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu übergehen. Du gibst zu viel, akzeptierst zu wenig, rechtfertigst Verhalten, das dich verletzt und bleibst aus Angst, dass du sonst allein bist.


Vermeidende Bindungstypen ziehen genau das oft an: Menschen, die bereit sind, sich anzupassen. Das führt zu einem unausgeglichenen System. Einer zieht sich zurück, der andere rückt näher. Es fühlt sich dynamisch an, ist aber oft destruktiv.



6. Du erkennst rote Flaggen, aber handelst nicht danach


Oft ist es nicht so, dass du das vermeidende Verhalten nicht bemerkst. Du spürst sehr wohl, dass etwas nicht stimmt. Du fühlst dich unwohl, unsicher, klein oder ständig im Unklaren. Doch du bleibst trotzdem. Warum?


Weil du hoffst, dass es nur eine Phase ist. Oder dass du „nur Geduld brauchst“, oder dass du den anderen durch deine Liebe erreichst.


Doch wahre Nähe entsteht nicht durch Geduld auf Kosten deiner Selbstachtung, sondern durch Gegenseitigkeit.



7. Du hast deine eigene emotionale Verfügbarkeit noch nicht vollständig entwickelt


Manchmal geraten Menschen in vermeidende Beziehungen, weil auch sie selbst (unbewusst) Angst vor echter Nähe haben. Der vermeidende Partner bietet dann eine „sichere Distanz“. Du sehnst dich nach Nähe, bekommst sie aber nie ganz und musst dich daher auch nie vollständig öffnen.


Erst wenn du bereit bist, dich selbst wirklich zu zeigen, mit deinen Bedürfnissen, Ängsten, Grenzen wirst du auch nach Menschen suchen, die das Gleiche tun.


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Wie du den Kreislauf durchbrichst


Wenn du dich in den oben beschriebenen Dynamiken wiederfindest, heißt das nicht, dass du für immer in ihnen gefangen bleiben musst. Veränderung beginnt mit Bewusstheit und mit der Entscheidung, nicht länger in Beziehungen zu investieren, die auf Unsicherheit basieren.



Hier ein paar konkrete Schritte:


  • Erkenne deine Muster: Schreib dir auf, welche Ähnlichkeiten deine bisherigen Beziehungen hatten. Gab es immer eine ähnliche Rollenverteilung? Ähnliche Emotionen?


  • Arbeite an deiner Selbstregulation: Lerne, deine Gefühle auszuhalten, ohne impulsiv zu handeln. Nähe und Rückzug sind oft Trigger für tieferliegende Ängste, aber du kannst lernen, damit umzugehen.


  • Stärke deine Selbstachtung: Werde dir bewusst, dass du Liebe verdienst, die klar, sicher und beidseitig ist. Du musst nichts beweisen, nichts erarbeiten. Du bist jetzt schon wertvoll.


  • Umgib dich mit Menschen, die emotional verfügbar sind: Oft merken wir erst, was echte Verbindung bedeutet, wenn wir sie erleben. Suche aktiv nach Verbindungen, in denen du dich sicher fühlst, auch außerhalb romantischer Beziehungen.


  • Hol dir Unterstützung: Der Weg raus aus ungesunden Bindungsmustern ist kein einfacher. Doch du musst ihn nicht allein gehen. Coaching, Therapie oder Austausch mit anderen kann dir helfen, neue Perspektiven zu gewinnen.



Merke dir


Du gerätst nicht zufällig immer wieder an vermeidende Menschen. Es ist ein Spiegel, ein Muster und eine Einladung, tiefer zu schauen. Wenn du dich darin erkennst, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut, denn du hast die Bereitschaft, nicht länger zu funktionieren, sondern zu fühlen, zu wachsen und gesunde Verbindung zu wählen.

Und das ist der Anfang von allem.


 
 
 

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