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People-Pleasing: Wie es entsteht und welche langfristigen Folgen es hat

Aktualisiert: 31. Jan.

People-Pleasing ist ein Verhaltensmuster, das viele Menschen im Alltag zeigen, oft ohne sich dessen bewusst zu sein. Dabei geht es darum, die Bedürfnisse und Wünsche anderer über die eigenen zu stellen, in der Hoffnung, Akzeptanz, Anerkennung oder Harmonie zu erreichen. Doch hinter diesem Verhaltensmuster verbirgt sich oft eine tiefere, psychologische Dynamik. In diesem Blogartikel werden wir untersuchen, wie People-Pleasing entsteht, welche psychologischen Faktoren dabei eine Rolle spielen und welche langfristigen Folgen es haben kann.



Wie entsteht People-Pleasing?


Um zu verstehen, warum Menschen das Bedürfnis entwickeln, andere ständig zufriedenzustellen, ist es wichtig, einen Blick auf die frühkindliche Entwicklung und psychologische Mechanismen zu werfen, die in unserer Erziehung und Sozialisierung verwurzelt sind.


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1. Frühe Kindheitserfahrungen und Bindungstheorie

Die Wurzeln des People-Pleasings liegen oft in der Kindheit. Die Bindungstheorie, entwickelt von John Bowlby, erklärt, dass die Beziehung zwischen einem Kind und seinen primären Bezugspersonen (z. B. Eltern) eine entscheidende Rolle für die spätere Entwicklung spielt. Kinder, die lernen, dass ihre emotionalen oder physischen Bedürfnisse nicht zuverlässig erfüllt werden, entwickeln oft ein Verhaltensmuster, um die Zuneigung und Bestätigung ihrer Eltern zu erlangen.


Wenn ein Kind das Gefühl hat, nur geliebt zu werden, wenn es brav ist, sich anpasst oder die Erwartungen der Eltern erfüllt, kann es dieses Verhalten ins Erwachsenenalter übernehmen. Das führt dazu, dass diese Person auch später in Beziehungen ständig versucht, die Erwartungen anderer zu erfüllen, um Anerkennung und Zuneigung zu bekommen. Dies kann zu einem tief verwurzelten Bedürfnis führen, Konflikte zu vermeiden und sich selbst hinten anzustellen.


2. Angst vor Ablehnung und dem Verlassenwerden

Eine weitere psychologische Grundlage des People-Pleasings ist die Angst vor Ablehnung oder dem Verlassenwerden. Diese Angst kann ebenfalls in der Kindheit verankert sein, vor allem wenn das Kind emotionalen Missbrauch oder Vernachlässigung erlebt hat. In einem Umfeld, in dem das Kind für seine Bedürfnisse kritisiert oder bestraft wurde, entwickelt es die Überzeugung, dass es geliebt und akzeptiert wird, wenn es seine eigenen Bedürfnisse unterdrückt und sich vollkommen auf andere konzentriert.


Diese tief sitzende Angst vor Ablehnung sorgt dafür, dass Menschen alles tun, um anderen zu gefallen, selbst wenn das bedeutet, ihre eigenen Werte, Wünsche und Grenzen zu ignorieren.


3. Geringes Selbstwertgefühl

Oft geht People-Pleasing mit einem geringen Selbstwertgefühl einher. Menschen, die glauben, nicht genug zu sein oder nichts Wertvolles beizutragen, neigen dazu, die Anerkennung anderer übermäßig hoch zu bewerten. Sie denken oft, dass sie nur dann wertvoll sind, wenn sie die Bedürfnisse anderer erfüllen. Dieser Mangel an Selbstwertgefühl führt zu einem Kreislauf, in dem die Bestätigung von außen zur einzigen Quelle für Selbstbestätigung wird.


4. Gesellschaftlicher Druck und Rollenbilder

Neben den familiären Einflüssen spielt auch der gesellschaftliche Druck eine Rolle bei der Entstehung von People-Pleasing. Insbesondere Frauen, aber auch Männer, bekommen oft früh beigebracht, dass es wichtig ist, freundlich, hilfsbereit und selbstlos zu sein. Frauen wird oft das Bild vermittelt, dass sie sich um das Wohl anderer kümmern sollen, während Männer möglicherweise das Gefühl haben, stark und anpassungsfähig sein zu müssen, um Harmonie zu wahren.


Die Erwartungen der Gesellschaft an Geschlechterrollen und Verhaltensnormen können also People-Pleasing weiter verstärken, da das Bedürfnis nach Anpassung und Harmonie als wertvolle Tugend gilt.


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Langfristige Folgen von People-Pleasing


Obwohl People-Pleasing kurzfristig Konflikte vermeiden und positive Rückmeldungen bringen kann, hat es langfristig ernste Konsequenzen für das emotionale und mentale Wohlbefinden der betroffenen Person. Hier sind einige der wichtigsten negativen Auswirkungen, die People-Pleasing haben kann:


1. Verlust des Selbstwerts

Einer der schädlichsten Effekte von People-Pleasing ist der allmähliche Verlust des eigenen Selbstwerts. Da die betroffene Person immer wieder die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen stellt, verliert sie allmählich den Kontakt zu sich selbst – zu ihren eigenen Wünschen, Bedürfnissen und Identität. Im Laufe der Zeit wird es schwieriger, zwischen den eigenen Wünschen und den Erwartungen anderer zu unterscheiden.


Dieses ständige Zurückstellen der eigenen Bedürfnisse führt dazu, dass die Person sich selbst weniger wertschätzt, weil sie selten oder nie das Gefühl hat, ihre eigenen Bedürfnisse auf gesunde Weise erfüllt zu haben.


2. Chronische Erschöpfung und Burnout

People-Pleaser neigen dazu, ihre Energie auf die Bedürfnisse und Wünsche anderer zu richten, was langfristig zu chronischer Erschöpfung oder Burnout führen kann. Da sie es anderen immer recht machen wollen, ignorieren sie oft ihre eigenen Grenzen und laden sich zu viel auf. Das führt zu einer emotionalen, mentalen und körperlichen Überlastung.


Erschöpfung und Burnout sind häufige Folgen, da People-Pleaser Schwierigkeiten haben, „nein“ zu sagen oder sich eine Auszeit zu nehmen. Sie spüren eine ständige Verpflichtung, für andere verfügbar zu sein, was langfristig ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden beeinträchtigt.


3. Unausgeglichene und toxische Beziehungen

Ein weiteres langfristiges Problem von People-Pleasing ist, dass es zu ungesunden und unausgeglichenen Beziehungen führt. Menschen, die ständig versuchen, andere zu besänftigen, ziehen oft Partner oder Freunde an, die das ausnutzen. Solche Beziehungen sind nicht auf Gegenseitigkeit aufgebaut, sondern basieren auf dem Ungleichgewicht zwischen dem Geben (vom People-Pleaser) und dem Nehmen (vom Partner oder Freund).


In extremen Fällen kann People-Pleasing zu Missbrauch oder emotionaler Abhängigkeit führen, da die Person nicht in der Lage ist, klare Grenzen zu setzen oder für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen.


4. Innere Wut und Groll

People-Pleaser unterdrücken häufig ihre wahren Gefühle und Wünsche, was zu einer inneren Anhäufung von Wut und Groll führen kann. Während sie äußerlich versuchen, friedlich und freundlich zu bleiben, brodelt innerlich der Frust darüber, dass ihre eigenen Bedürfnisse ignoriert werden.


Diese unterdrückten Emotionen können sich in Form von passiver Aggression äußern oder irgendwann explosionsartig zum Vorschein kommen, was die Beziehungen weiter belastet. Das ständige Unterdrücken der eigenen Bedürfnisse führt zu einem Gefühl der Leere und Unzufriedenheit.


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5. Verlust der Authentizität

Längerfristig führt People-Pleasing zu einem Verlust der Authentizität. Menschen, die ständig versuchen, anderen zu gefallen, verlieren die Fähigkeit, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und auf eine echte, authentische Weise mit anderen zu interagieren. Sie leben eine Rolle, um von anderen akzeptiert zu werden, was dazu führt, dass sie sich von ihrem wahren Selbst entfernen.


Diese Entfremdung von der eigenen Persönlichkeit kann das Gefühl der Leere verstärken und zu Depressionen und Angstzuständen führen.



Fazit: People-Pleasing ist ein tief verankertes Muster


People-Pleasing ist ein Verhaltensmuster, das oft tief in der Kindheit verwurzelt ist und durch psychologische Mechanismen wie das Bedürfnis nach Anerkennung, die Angst vor Ablehnung und geringes Selbstwertgefühl verstärkt wird. Es mag kurzfristig den Anschein erwecken, Harmonie zu schaffen, führt jedoch langfristig zu ernsthaften emotionalen und psychischen Belastungen.


Wer dieses Muster bei sich erkennt, sollte sich bewusst machen, dass dies keine endgültige Lebensweise sein muss. Der nächste Schritt besteht darin, dieses Verhalten zu ändern und wieder in Kontakt mit den eigenen Bedürfnissen und Grenzen zu kommen. In einem kommenden Artikel werden wir uns genauer damit beschäftigen, wie man aus dem People-Pleasing aussteigen und gesunde, erfüllende Beziehungen aufbauen kann.


Die in diesem Artikel beschriebenen Folgen und Anzeichen sind nur ein Teil der gesamten Problematik. Jeder Mensch hat individuelle Erfahrungen und Hintergründe, die das People-Pleasing beeinflussen. Daher ist es wichtig, sich selbst zu reflektieren und bei Bedarf professionelle Unterstützung zu suchen. Meldet euch gerne, wenn ihr hier Hilfe braucht.

 
 
 

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